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19.12.20-Adventsfenster - Schönstatt bei Fam. Endres, Freystädter Str. (Kopie 1)

Eine (Nicht-auf-den-ersten-Blick-Weihnachts-) Geschichte

Diese Geschichte ist tatsächlich passiert. Ich war als Moderator auf einem Kreuzfahrt-schiff engagiert. Da denkt jeder: „Mensch toll! Luxus!“ Das dachte ich auch. Bis ich auf dem Schiff war. Was das Publikum angeht, war ich auf dem falschen Dampfer. Die Gäste an Bord hatten sicher einen Sinn für Humor, ich hab ihn nur in den zwei Wochen nicht gefunden. Und noch schlimmer: Seekrankheit hat keinen Respekt vor der Approbation. Kurzum: ich war auf der Kreuzfahrt kreuz-unglücklich. Endlich! Nach drei Tagen auf See, fester Boden. Das ist wahrer Luxus! Ich ging in einen norwegischen Zoo. Und dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du auch Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille? Und vor allem: hat Gott bei dir die Knie vergessen?“ Mein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion.Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang „mein“ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht. Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche! Mit einem Liter Sprit käme der umgerechnet über 2500 km weit! Sie sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wasser-Tänzer! Und ich dachte: „Fehlkonstruktion“. Diese Begegnung hat mich zwei Dinge gelehrt: Erstens: wie schnell ich oft urteile, und wie ich damit komplett danebenliegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann überhaupt zum Tragen kommt. Wir alle haben unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittel-mäßig. Stärkt man seine Stärken, wird man einzigartig. Und wer nicht so ist, wie die anderen, sei getrost: Andere gibt es schon genug! Immer wieder werde ich gefragt, warum ich das Krankenhaus gegen die Bühne getauscht habe. Meine Stärke und meine Macke ist die Kreativität. Das heißt, nicht alles nach Plan zu machen zu improvisieren, Dinge immer wieder unerwartet neu zusammen zu fügen. Das ist im Krankenhaus ungünstig. Und ich liebe es, frei zu formulieren, zu dichten, mit Sprache zu spielen. Das ist bei Arztbriefen und Rezepten auch ungünstig. Auf der Bühne nutze ich viel mehr von dem was ich bin, weiß, kann und zu geben habe. Ich habe mehr Spaß, und andere haben mit mir mehr Spaß. Live bin ich in meinem Element, in Flow! Menschen ändern sich nur selten komplett und grundsätzlich. Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch sieben Jahre Psychotherapie aus dir keine Giraffe. Also nicht lange hadern: Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser. Und dann: Spring! Und schwimm! Und du wirst wissen, wie es ist, in Deinem Element zu sein.

Verfasser Unbekanntaus Exerzitien, Schönstatt

 

Und was haben Sie für einen Weihnachtsbaum?

Ehrlich gesagt, wenn Sie drei Tage vor dem Fest noch keinen Weihnachts-baum haben, dann haben Sie ziemlich schlechte Karten. Nicht, dass die Händler keine Tanne oder Fichten mehr hätten, aber die Prachtexemplare sind garantiert schon lange ausverkauft. Das, was jetzt noch auf den Christ-baummärkten zu finden ist, das sind die Bäume, die keiner wollte: Ein biss-chen krumm gewachsen, an einer Stelle fehlt eindeutig ein Ast, und die Nadeln könnten auch etwas dichter sein. Und ob er wirklich noch so ganz frisch ist?

Vor einigen Jahren verbrachte ich mit einer Gruppe ein Adventswochenende. Und dabei wurde uns der Gedanke wichtig, dass Gott sich in einem Kind klein macht, um zu uns Menschen zu kommen, so wie wir sind, mit all unseren Fehlern, all unseren Unzulänglichkeiten, mit all dem, was an uns schief und krumm ist. Und gerade das ist ja das Befreiende unseres Glaubens – dass wir eben nicht perfekt sein müssen, damit unser Gott zu uns kommt.

„Ja“, sagte da plötzlich eine Teilnehmerin nachdenklich, „Gott kommt zu uns in unsere Unvollkommenheit – und was machen wir? Wir suchen den perfekten Weihnachtsbaum!“ Wir anderen schwiegen einen Moment völlig verblüfft ob dieser kühnen Gedankenverbindung – aber da sprach sie auch schon weiter: „Und was ist mit den Bäumen, die ein bisschen schief sind oder ein wenig ungleich-mäßig? Oder denen ein Ast fehlt? Oder …? Dürfen die denn nie Weihnachtsbaum sein?“

Kurz und gut – wir erklärten uns kurzerhand solidarisch mit all den Weihnachts-bäumen, die niemand wollte und vereinbarten, in dem Jahr einen Baum „mit Macke“ zu kaufen. Entschlossen ging ich einige Tage später zu einem Christbaum-markt. Der Händler kam schon auf mich zu und fragte eifrig: „Was für einen Baum hätten Sie denn gerne?“ Ich überlegte nicht lange und sagte: „Einen Baum mit Macke!“ - „Wie bitte?“, fragte der Händler ungläubig zurück. „Na ja, einen Baum mit irgendeinem Fehler halt!“ Er machte vorsichtshalber einen Schritt zurück – man konnte ja nie wissen. Ich sah mich jetzt doch etwas im Erklärungsnotstand, erzählte von unserem Kurs und der Idee – mit dem Ergebnis, dass der Händler noch einen Schritt zurücktrat, mich nachsichtig anschaute und sagte: „Wissen Sie, da vorne gibt es noch einen Christbaummarkt, vielleicht fahren Sie da mal hin – die haben eine größere Auswahl!“

Etwas belämmert zog ich ohne Baum ab, aber man ist ja lernfähig. Beim nächsten Händler ging ich vorsichtiger vor. Als er mich nach meinen Wünschen fragte, sagte ich, vollkommen den Regeln gemäß: „Eine Nordmanntanne!“ Er zeigte mir mehrere Bäume, und als er beim vierten schließlich sagte: „Aber da fehlt ein Ast, den können Sie nur in eine Ecke stellen!“, stand meine Entscheidung fest: Das war mein Baum! Und mit dem zog ich auch ganz zufrieden nach Hause.

Seit der Zeit habe ich sehr bewusst jedes Jahr einen Weihnachtsbaum „mit Macke“ … Und manchmal, am ersten Feiertag zum Beispiel, abends nach der Weihnachts-vesper, da mag es sein, dass ich in meinem Wohnzimmer bei einem Glas Rotwein sitze, mir meinen „unperfekten“ Weihnachtsbaum anschaue und denke:

Ja, gerade Weihnachten ist die Botschaft, dass wir nicht perfekt sein müssen. Gott  kommt uns mitten in unsere Unvollkommenheit entgegen, ja kommt sogar in  einem Stall zur Welt, wird Kind – damit wir nicht dem Wahn der Perfektion erliegen …

Andrea Schwarz
Schönstatt

 

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